Idee: Urs Hostettler
Zeichnungen: Res Brandenberger
Nehmt die Karte "1.SPIELERIN" aus dem Spiel. Legt die Anfangskarte "EIN SOLCHES DING..." offen in die Mitte. Den Rest der Karten mischt ihr tüchtig. Sie bilden – mit der Textseite nach unten – den Stapel.
Wir stellen euch zwei Spiele vor, das Grundspiel DIE KETTE (mit einer Variante) und den nervenaufreibenden DING-POKER für Fortgeschrittene. Zur Kompensation des in Spielanleitungen üblichen Sprachgebrauchs werden wir stets von SpielerINNEN sprechen... frau möge uns damit auch einige böse Kärtchen verzeihen. Wir bereuen alles.
Verteilt 9 Karten vom Stapel an jede Spielerin. Ihr solltet euer Blatt gut anschauen, vor den Mitspielerinnen aber verdeckt halten.
1 zusätzliche Karte vom Stapel wird aufgedeckt und neben "EIN SOLCHES DING..." gelegt.
Beginnend mit der kurzsichtigsten Spielerin legt ihr reihum je eine Karte aus eurer Hand offen in die Mitte. So entsteht dort eine Kette von Eigenschaften, die EIN SOLCHES DING sein eigen nennen sollte.
Wer an der Reihe ist
• legt entweder eine weitere Karte aus dem eigenen Vorrat offen an die Kette an, oder
• sie bringt die Kette zum Platzen, indem sie ihre Vorgängerin fragt: Was denn das für ein seltsames Ding sei? – Die Befragte muss ein Ding nennen, für das alle Karten der Kette zutreffen. Schafft sie es nicht, so muss sie 3 Karten vom Stapel aufnehmen; schafft sie es aber, so nimmt die Fragerin 3 Karten auf.
Ihr entfernt die Kette dieser Runde und legt eine neue Anfangskarte vom Stapel an "EIN SOLCHES DING..." an.
Die auf die Verliererin folgende Spielerin darf die zweite Karte zur neuen Kette anfügen (die Verliererin ist demnach erst nach allen anderen wieder an der Reihe).
Ausnahme: Wer nur noch eine einzige Karte in der Hand hat, beginnt nie eine Kette – in diesem Fall trifft dieses Vorrecht die nächstfolgende Spielerin.
Spielziel: Na, alle Karten loszuwerden, was denn sonst.
Alle beginnen mit je 6 Karten. Jede abgelegte Karte wird gleich wieder vom Stapel ersetzt.
Wen's beim Fragen erwischt, muss die ganze Kartenkette einsammeln. Diese Karten werden bis zum Spielende nicht mehr gebraucht... dann zählen sie als Strafpunkte.
Die auf die Verliererin folgende Spielerin setzt das Spiel fort und eröffnet eine neue Kette.
Ist der Stapel aufgebraucht, endet das Spiel mit der laufenden Kette. Wer diese letzte Kette aufnehmen muss, verliert das Spiel – gleich wieviele Karten sie in den Runden zuvor aufnehmen musste.
Spielziel: Möglichst wenige Karten (Strafpunkte) sammeln.
Die Spieldauer lässt sich zu Spielbeginn durch die Höhe des Stapels leicht variieren. Unser Vorschlag: Versucht's mal mit der Hälfte aller Karten.
Als zusätzliches Spielmaterial braucht ihr einen Notizblock und für jede Spielerin ein kleines charakteristisches Dingsda als
Marke.
Verteilt je 5 Karten vom Stapel an die Spielerinnen. Das sind die persönlichen Jokerkarten.
Die kurzsichtigste Spielerin erhält die Karte "1.SPIELERIN".
Jetzt werden die Karten vom Stapel einzeln aufgedeckt und an "EIN SOLCHES DING..." angelegt. Nach jeder Karte müssen die Spielerinnen, beginnend mit der 1.SPIELERIN, erklären, ob sie noch eine weitere Karte riskieren wollen oder nicht.
Wer aussteigt, setzt seine Marke auf die zuletzt angelegte Karte. Und weiter werden Karten vom Stapel aufgedeckt, bis alle ihre Marke gesetzt haben.
Nun muss die zuletzt ausgestiegene Spielerin ein Ding nennen, auf das alle aufgedeckten Eigenschaften zutreffen, inklusive der letzten, auf der ihre Marke steht.
Gelingt es ihr nicht, so geht sie für diese Runde leer aus. Nun muss die als Zweitletzte ausgestiegene Spielerin ein Ding bis hin zu ihrer Karte finden, usw. – Wird ein Ding anerkannt, so erhalten die Findige und alle vor ihr ausgestiegenen Spielerinnen jeweils so viele Punkte, wie Karten vor ihrer Marke offen liegen. – Findet niemand ein Ding bis hin zur eigenen Marke, gehen alle leer aus.
Die 1.SPIELERIN-Karte rutscht um eine Position nach links und eine neue Pokerrunde kann beginnen.
Spielziel: 33 Punkte. Erreichen mehrere Spielerinnen das Spielziel in derselben Runde (was fast immer der Fall ist), so gewinnt, wer
1) das höhere Total erreicht
2) in der letzten Runde später ausgestiegen ist.
Ach ja, die persönlichen Jokerkarten: Sie dienen zum "ausbessern" – die ratende Spielerin darf beliebig viele der ausgelegten Karten durch ihre Jokerkarten überdecken. Wird die Lösung anerkannt, so gibt's zwar die Punkte, doch sind die Jokerkarten verloren (und werden nicht ersetzt). Wird die Lösung abgelehnt, kann die Raterin ihre Jokers wieder zurücknehmen... bleibt dafür aber
punktelos.
Das waren schon alle Spielregeln. Dem Hausfrieden zuliebe möchten wir aber noch einige Erläuterungen mitliefern. Ihr könnt sie vorläufig auslassen und erst bei einem Streitfall zu Rate ziehen, d.h. etwa nach der fünften Karte des ersten Spiels.
EIN SOLCHES DING muss alle angesagten Eigenschaften erfüllen. Dabei müsst ihr bei der einmal gewählten Definition bleiben.
Das "Aeffchen im Zoo", das "meist wieder geflickt wird, wenn es kaputt geht", kommt nicht "weitab von jeder menschlichen Zivilisation" vor! Hätte die Spielerin nur "Affe" gesagt, so verhielte sich der Fall genau umgekehrt.
Das "Matterhorn" ist nicht "im Wohnzimmer", auch wenn es oft abgebildet wurde. – Das "Bild vom Matterhorn" ist ein ganz anderes Ding.
EIN SOLCHES DING darf alles sein, ganz vage ein "Buch" oder
viel präziser definiert, z.B. der "Koran in arabischer Sprache".
Dieser "Koran" hat einige Eigenschaften, die ein "Buch" nicht hat: Beispielsweise "könnte ich allein nichts damit anfangen". Umgekehrt ist ein Buch "in vielen Haushaltungen mehrfach vorhanden"... ein Koran doch eher selten.
Ihr dürft die Präzision sogar auf die Spitze treiben und mit eurer Einschränkung nur ein einziges, allgemein bekanntes SOLCHES DING übriglassen, etwa den "Kreml". Allerdings solltet ihr bei euren Einschränkungen und Ausschmückungen am Ende darauf achten, dass EIN SOLCHES DING auch anerkanntermassen existiert – ein "Apfel mit Hörnern" etwa ist zwar originell, aber ungültig. Der blosse Hinweis, dass "es sowas bestimmt irgendwo gebe", genügt nicht. Wenn euch allerdings ein Kunstwerk mit EINEM SOLCHEN DING bekannt ist, etwa die Pelztasse von Meret Oppenheim, sieht die Sache schon viel besser aus.
in einem bestimmten Zustand, z.B. "völlig zerfallenes, altes Taschenbuch".
Ein "zerfallenes Taschenbuch" besteht aus "mehreren, nicht zusammenhängenden Einzelteilen", es würde – auf dem Zimmerboden liegend – von einer Putzfrau "als wertlos eingestuft und beseitigt"... was sich beides von einem einfachen "Buch" nicht behaupten lässt. Dafür ist ein Buch "in einem normalen Supermarkt zu haben", ein "zerfallenes Taschenbuch" kaum.
Der Zustand muss EIN SOLCHES DING direkt und nachhaltig beeinflussen, eine momentante Zeit- oder Ortsangabe ist unzulässig. Verboten ist etwa ein "Buch im Winter" oder ein "VW, der gerade einen Wald durchfährt", erlaubt ist eine "Rakete im Flug" oder ein "Affe in einem Zoo". Und wieder müssen der Spielrunde SOLCHE DINGE im genannten Zustand geläufig sein. Also Finger weg von "gebratenen Uhren" oder
sowas.
ein Ding mit seinem natürlichen Zubehör, z.B. "antikes Buch mit Siegeln".
Ein "antikes Buch mit Siegeln" ist "zwar meist drinnen, doch selten in Privathaushalten"; dafür kann ein "Buch im allgemeinen" viel eher "gemietet oder ausgeliehen" werden.
Erlaubt ist eine Weinflasche mit Inhalt, ein Computer mit Drucker, eine Halskette mit Kreuz. – Das Zubehör muss eng und dauernd mit EINEM SOLCHEN DING verbunden sein. Ein Mensch besteht nicht "teilweise aus Stoff", weil er ein Hemd trägt, und ein Auto findet nicht "vor allem im Winter Verwendung", weil ihr ihm Schneeketten zugebt – Accessoires wie das Hemd oder die Schneeketten sind sehr leicht vom eigentlichen DING zu trennen und ihre Eigenschaften übertragen sich nicht auf das DING.
Ihr werdet bald darauf kommen, primäre Eigenschaften eines Dings von den Eigenschaften seines Zubehörs zu unterscheiden. So trägt ein Tour de France-Radfahrer zwar "Kopf-bedeckung", doch ist er normalerweise nicht "beschriftet" (das träfe auf die Mütze zu und allenfalls auf einen tätowierten Seemann) und hat keine "Pedale" (das träfe auf das Rad zu – von dem er übrigens ohne weiteres zu trennen ist).
ein Teil eines Dings oder eine überschaubare, gebräuchliche Menge von verwandten Dingen, z.B. "der Bücherbestand der Stadtbibliothek".
Den "Bücherbestand der Stadtbibliothek" vermöchte ich "mit all meinem Geld nicht zu kaufen", irgendein "Buch" aber sehr wohl.
Erlaubt ist ein Paar Schuhe, eine Briefmarkensammlung, ein Wald, ein Tomatensalat. Unzulässig wäre "mein ganzer Besitz" (der besteht aus einem unklaren Haufen ganz verschiedener Dinge) oder "alle Vögel mit roten Federn" (schrecklich konstruiert und kaum als EIN DING zu betrachten).
sind konkret aufzufassen. Eine Schülerin "glänzt" nicht durch ihre Leistungen, eine Geigerin dient nicht der Kultur-"Pflege", ein "Schwein" ist ein Schwein.
Die ICH-Karten beziehen sich jeweils auf die Spielerin, welche das üble Ding ausbaden und begründen muss! Bei gleichen Karten können so durch eure persönlichen Fähigkeiten und Unfähigkeiten ganz unterschiedliche DINGE möglich werden.
Massgebend sind selbstverständlich die Texte auf den Karten und nicht die Illustrationen. Beachtet die Formulierungen der Karten: "Ich könnte es..." bietet mehr Freiräume für Fantasien als ein klares "...wenn man es...". Dass EIN SOLCHES DING "oft" an einem bestimmten Ort zu finden sein soll ist eine strengere Forderung als ein "mitunter".
Lasst findige Leute in Streitfällen eine Minute lang argumentieren – dann entscheiden die Unparteiischen über die Gültigkeit des Dings. Seid nicht allzu nachgiebig, bloss um eine gute Idee zu belohnen: Die Karten müssen wirklich alle zutreffen. Seid aber auch nicht allzu kleinlich... in dubio pro reo.
Ganz besondere Konzilianz ist beim Spiel zu zweit notwendig. Ruhig Blut. Tastet euch nüchtern an die Probleme heran. Manchmal hilft die Probe aufs Exempel.
Für wirkliche schwer entscheidbare Sachfragen (ob etwa Kurt Aeschbacher im Wilhelm Tell-Bühnenbild stören würde oder nicht) steht euch unser Test- und Expertenteam zur Verfügung:
verlag @  fatamorgana.ch Eine spätere Publikation der wichtigsten Warentests behalten wir uns vor.
Wir raten, die Zeit des Ueberlegens in der KETTE auf eine Minute zu beschränken, die POKER-Zeit auf 30 Sekunden, die Rate- und Auswechselzeit am Ende der POKER-Runde auf 2 Minuten.
Ganz klar – wer im POKER als Letzte aussteigt trägt ein Risiko und muss zudem oft ihre Jokerkarten opfern. Die Kunst ist demnach das rechtzeitige Aussteigen, das Gratis-Punkte holen, die anderen hirnen lassen. Wenn andererseits die Konkurrenz allzufrüh aussteigt, lohnt sich vielleicht mal ein grosser Coup: 2-3 Jokers opfern, dafür 4-5 Punkte mehr einheimsen als die anderen, kann das Spiel entscheiden.
In der letzten Runde, wenn eine Spielerin das Punkteziel erreicht, sind die anderen gezwungen, sehr hoch zu pokern, um mit einem grossen Coup die Partie doch noch an sich zu reissen. Mehr als 10 Punkte gelingen aber höchst selten.
Wenn ihr KETTE spielt und keine Lösung mehr findet oder kein passendes Kärtchen mehr in der Hand habt, so lasst euch ja nichts anmerken! Entweder fühlt ihr eurer Vorgängerin auf den Zahn, oder... ihr legt mit einem überzeugten "klar, ich weiss was" euer unverbindlichstes Kärtchen ab, in der Hoffnung, dass eure Nachfolgerin den Blöff schluckt und ihrerseits ein Kärtchen legt – dann wärt ihr eure Sorgen für eine Runde los. Noch was: Selbst wenn ihr auf diese Weise ertappt werdet, habt ihr so noch ein Kärtchen weniger in der Hand als wenn ihr einfach resigniert.
Wir danken gewissen Papageienzüchtern, Air-Hostessen, Brieftaubenclubs, Briefträgern und Ernährungsberaterinnen für ihre sachdienlichen Informationen.
©1989, 6. Auflage 1998
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